Sophie Lange habe ich vor einigen Jahren bei der Arbeit an einem Buch über »Heilige Orte in Deutschland« kennengelernt. Sie hatte uns eingeladen, die Matronentempel zu besuchen, denn wir waren auf unseren Recherchen auf ihr fantastisches Buch zu diesem Thema gestoßen. An diese erste Begegnung kann ich mich sehr gut erinnern und ihr Wissen rund um den Matronenkult hat uns so sehr begeistert, dass wir ihren Titel »Wo Göttinnen das Land beschützten: Matronen und ihre Kultplätze zwischen Eifel und Rhein« in einer überarbeiteten Version in 2021 als Neuauflage publizierten. Die Arbeit mit Sophie Lange war von Herzlichkeit und Verständnis geprägt und war mehr als eine reine Autorin / Verleger Beziehung. Ich bin dankbar für alles, was ich von Sophie Lange lernen durfte. Möge Sie in Frieden ruhen.
Sven Nieder, März 2023
Ihre Kinder schreiben zum Leben von Sophie Lange:
Unsere Mutter Sophie Lange wurde am 26. Februar 1936 in Aachen geboren. Sie wuchs auf als zweite Tochter von Maria und Franz Roosen auf einem Bauernhof in Beggendorf, nahe Baesweiler. Gemeinsam mit ihren Geschwistern Marlies, Annemie, Franz und Bärbel durchlebte sie eine schöne Kindheit auf dem Dorf. Erst der Krieg zerstörte die Idylle. Sie erkrankte an Diphterie und lag viele Wochen fern der Heimat in einem Lazarett. Nach dem Schulabschluss hätte sie gerne weiter gelernt und vielleicht Geschichte studiert. Aber das war für sie als Bauerntochter, wie damals üblich, nicht vorgesehen.
Sie machte eine Banklehre in Geilenkirchen und lernte bei einer Fortbildung den gelernten Landwirt und Bankkaufmann Willibald Lange kennen. Die beiden heirateten 1962 und zogen in die Eifel. Ihr Mann hatte dort eine Anstellung erhalten. Er leitete etwa 30 Jahre lang die Raiffeisenbank Nettersheim. Sophie Lange kannte in Nettersheim niemanden. Die Eifel war für sie zunächst eine raue Gegend, fern von zu Hause.
Seit 1967 lebte sie mit Ehemann und drei Kindern in einem Neubau am Höhenweg. Die drei Kinder Michael (* 1963), Margit (* 1964) und Gerlinde (* 1968) brachten viel Freude, aber auch jede Menge Arbeit. Anschluss an die Dorfgemeinschaft fand Sophie Lange im Eifelverein, wo sie später als Schriftführerin wirkte. Außerdem führte sie mit ihrem Mann die Kasse der Pfarrgemeinde.
Zur Autorin wurde sie in den 1970er Jahren. Sie schrieb viele Artikel für den Lokalteil „Schleiden und das Eifelland“ der Kölnischen Rundschau. Beliebt waren ihre Kolumnen, die unter dem Pseudonym „Rochus“ veröffentlicht wurden. Sie handelten vom Dorfleben, von Mythen und Geschichten aus der Eifel und manchmal auch von Erlebnissen mit ihren Kindern.
Nachdem die Kinder flügge waren, beschäftigte sie sich mit der Geschichte der Eifel, insbesondere der Frauengeschichte. Sie durchwühlte alte Zeitschriften und Jahrbücher, und immer wieder fuhr sie zum Kreisarchiv nach Euskirchen. 1992 veröffentlichte sie ihr erstes Buch mit dem Titel: „Küche, Kinder, Kirche.“ Der Frauengeschichtsverein Köln und das Frauenmuseum Bonn wurden bald auf ihre Arbeit aufmerksam.
Sie interessierte sich besonders für ein Heiligtum auf der Görresburg bei Nettersheim. Die Matronen aus drei Generationen, die seit keltischer Zeit dort verehrt werden, sind Schutzgöttinnen, die von den Römern übernommen wurden. In ihrem Buch „Wo Göttinnen das Land beschützten“ beschrieb sie archäologische Funde ebenso wie geschichtliche und mythologische Hintergründe. 2021 hat sie dieses Buch überarbeitet und aktualisiert. Immer wieder besuchte sie das Heiligtum und machte Führungen. Matronen, keltische Kraftorte und christlich, katholische Tradition passten in ihrer Spiritualität gut zusammen.
Besonders schätzte sie die Schriftstellerin Clara Viebig. Von ihr ließ sie sich zu einem Roman inspirieren, mit dem Titel: Weiberdorf 2.000. Später wurde er auch als Hörbuch veröffentlicht. Insgesamt schrieb Sophie Lange neun Bücher. Am bekanntest wurde die „Alt Eifeler Küche“. Dafür hatte sie alte Rezepte und Geschichten rund ums Kochen und Essen in der Eifel zusammengestellt.
Im Rentenalter erlernte sie den Umgang mit dem Computer und schrieb weiter bis ins hohe Alter. Mit etwas Unterstützung gelang es ihr, viele Ihrer Erzählungen und Ausschnitte aus ihren Büchern auf ihrer Homepage www.sophie-lange.de zu sammeln. Die Archivierung ihres Werkes wird von ihrer Familie fortgeführt.
Ihre drei Kinder und die Enkel Jonas, Hannes, Nora und Felix wussten immer: Egal, wo sie gerade sind und was sie machen, ihre Mutter/Oma sorgt sich um sie und wartet in Nettersheim.
2021 musste Sophie Lange das Haus am Höhenweg verlassen und zog um in eine „Rentnerklause“, wie sie selbst scherzhaft schrieb. Das Pflegeheim Effata am Ortsrand von Blankenheim wurde zu ihrem neuen Dorf. Dort schrieb sie kleine Gedichte, trug sie bei Festen vor und beteiligte sich an der neu gegründeten Hauszeitschrift. Nach einem Sturz starb sie am 28. Februar 2023, zwei Tage nach ihrem 87. Geburtstag, im Krankenhaus Mechernich. Ihre Kinder waren in ihren letzten Tagen bei ihr und trauern gemeinsam.
Gerlinde Lange, Margit Keßebohm und Michael Lange